Im Rahmen der Demonstration Wir wehren uns gemeinsam" gegen Sozialabbau , Bildungsklau, Prekarisierung und die Migrationspolitik
http://de.indymedia.org/2005/10/130927.shtml
gab es einen Redebeitrag der Karawane Nürnberg im Rahmen des am 29. 10 stattfindenden EU-weiten Aktionstages:
Der Redebeitrag wurde vor der SPD-Zentrale gehalten, wo auch die AWO wohnt.
Heute sagen wir: es reicht! Unsere Geduld ist am Ende. Wir haben genug von Täuschungen, Versprechungen, von Drohungen, Repressalien und Gewalt. Versprechungen, alles würde besser, wenn wir uns vornehm zurückhalten; Drohungen mit Repressalien, wenn wir in irgend einer Art nicht mitwirken, ob nun gesetzliche, politische oder wirtschaftliche Absichten dahinter stecken;
Repressalien, die dann zum Tragen kommen wenn knallhart wirtschaftliche, politische und nationalistische Dominanz gesichert werden soll, bis hin zu Gewalt bei Abschiebungen in den frühen Morgenstunden und Schiessbefehl an der europäischen Südgrenze.
Wir haben erlebt und erleben, wie das ach so zivilisierte, Menschenrechte predigende Europa seine Maske fallen lässt und auf die Ärmsten der Armen schiessen lässt, die aus ihrer von Kolonialismus und Neokolonialismus ausgeplünderten, von Diktaturen, Kriegen und Hunger zerstörten Heimat fliehen. Diktaturen die von EU und USA gestützt wurden, wie Mobuto in Kongo, Eyadema in Togo, Savimbi in Angola, das Apardtheidsystem und viele andere; Kriege, die mit hier produzierten Waffen geführt wurden und werden, wie in Somalia, Äthiopien, Eritrea, Ruanda, Liberia und momentan Sudan... allgegenwärtig dabei der Hunger.
Ghadafi, der jahrzehntelang als Schurke gehandelt wurde, mutiert wundersam zum ehrenhaften Partner, wenn es darum geht, Ausgrenzunglager in Nordafrika für die EU zu errichten.
Ekelhaft, das Schauspiel, wenn nach dem Motto “haltet den Dieb” nun besonders Marokko, aber auch Spanien als die bösen Buben für die EU herhalten sollen, durchschaubar aber, viel zu offensichtlich: knallharte Ausgrenzung und Errichtung einer Festung Europa, bei der der eiserne Vorhang grüßen lässt, nach aussen - verschärfter Druck auf Flüchtlinge und MigrantInnen mit Hilfe von Arbeitsverboten, Illegalisierung, Charterabschiebeflügen nach innen - sind EU-Hegemonialpolitik im Interesse des Grosskapitals, alles natürlich legal bemäntelt und in furchtbare Gesetze gegossen, die sich die Zunge sträubt, zu formulieren, wenn wir sie lesen sollen.
Wir haben auch erlebt, wie 12 Abschiebehäftlinge, vor 3 Tagen im überfüllten Abschiebeknast in Amsterdam jämmerlich verbrannten, weil die Wachen die Hilferufe nicht ernst nahmen. Die einzige Sorge der Behörden galt der Fahndung nach Flüchtlingen, die während des Brandes angeblich aus dem Knast flohen.
Die Toten von Melilla, Amsterdam, und die Tausenden, die Jahr für Jahr beim Versuch, in die EU zu gelangen, im Mittelmeer ersaufen, sind unsere Toten und von der EU zu verantworten.
Was das mit Hartz 4, Billigjobs, zunehmender Arbeitslosigkeit, Druck und Repressalien auf und gegen Arbeitslose zu tun hat?
Jeder Konzern kann heute ohne Hindernisse dahin gehen, wo er am billigsten produzieren kann, wo Menschenmaterial zu Hungerlöhnen und ohne lästige Sozialversicherungskosten zur Verfügung steht. Menschen, die lohnabhängig arbeiten müssen, um ihr Leben zu finanzieren, insbesondere aus den ausgeplünderten sogenannten Billiglohnländern, können freilich nicht einfach dahin gehen, wo es am meisten Geld für ihre Arbeitskraft gibt! Tolle Gobalisierung, deren wahres Gesicht daran sichtbar wird: nicht einmal den vorgeblichen neoliberalen Anspruch ist sie bereit, einzulösen.
Die Billiglohngebiete wären freilich in Gefahr, wenn Menschen in grösserer Anzahl in den reichen Norden gingen zum Arbeiten und das auch dürften: Die grosse Reservearmee an Arbeitskräften dort würde kleiner. Durch die Transferleistungen der ArbeiterInnen an ihre Familien in den Herkunftsländern, ein Vielfaches der Entwicklungshilfebrosamen, würde dort der Lebensstandart steigen, damit die Ansprüche und: womöglich die Löhne. Womöglich würden sogar Krankenversicherungen eingeführt und das kann ja gar nicht im Interesse der globalen Akteure sein...
Wir erleben dieses Spiel von Erpressung und Drohung, Ausgrenzung und Schaffen eines Klimas der Angst direkt hier in Nürnberg: Arbeitsverbote für Flüchtlinge, Illegalisierung bei Polizeikontrollen, wo Menschen, die nur eine Duldung haben, Anzeigen bekommen wegen illegalen Aufenthalts und auf der anderen Seite, das Spiel, das der Elektroluxkonzern mit der AEG-Belegschaft spielt mit der Drohung eben woanders billiger zu produzieren. Und Bildung wird wieder zum Privileg der Reichen.
Und hier, in der SPD-Zentrale, wohnen weitere Akteure im Räderwerk von Ausgrenzung und Prekarisierung: Kollaboration der AWO mit der IOM, die momentan die Abschiebungen von Marokko in die Herkunftsländer organisiert und das zynisch kommentiert mit der Bemerkung, die Flüchtlinge seien froh, wieder nach Hause zu kommen. Stichworte die sog. freiwillige Rückkehrberatung und 1-Eurojobs, sowie Täterschaft der SPD bei der Beschaffung der notwendigen Gesetzgrundlagen.
Heute sagen wir hier: es reicht! Geduld am Ende, Schnauze voll! Zieht euch warm an. Dem Teile und Herrsche des neoliberalen Projekts setzen wir unsere Solidarität entgegen. Solidarität über Gruppen, Standorts und Ländergrenzen hinweg.
Offene Grenzen bei gleichen Rechten für alle, statt Schaffen immer neuer Fluchtgründe!